Was für eine Freude! In der Süddeutschen Zeitung habe ich heute einen netten Artikel zu einem meiner Lieblingsthemen gefunden: Verständliche Sprache. Alles klar? fragt Jan Schmidbauer und berichtet, dass die Chefs der DAX-Konzerne immer verständlicher kommunizieren. Naja, beinahe jedenfalls.
Alljährlich werden deren Reden auf den Hauptversammlungen von Forschern der Universität Hohenheim mit einer Klartext-Software analysiert und dann im „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“ bewertet. Der Gewinner des Jahres 2017 ist mal wieder Telekom-Chef Timotheus Höttges mit sagenhaften 19,8 von 20 Punkten.
Endlich verständlich? Klartext vom Chef? Das Ende von Geschwurbel und Phrasen? Ganz ehrlich, ich glaube noch nicht daran.
Dabei sind die Hauptversammlungen eh das kleinste Problem. Schön für die Zuhörer, wenn es immer weniger Bandwurmsätze gibt, Fachbegriffe auch mal erklärt werden und vielleicht nicht mehr ganz so viel Denglisch zum Einsatz kommt. Aber eine Hauptversammlung gibt es nur einmal im Jahr und die wichtigsten Themen sind in aller Regel schon vorher bekannt. Lange und komplizierte Reden hin oder her, da brennt nicht viel an.
Transparent und authentisch kommunizieren.
Die viel spannendere Frage ist doch: Wie kommunizieren Chefs im Arbeitsalltag? Oder anders gefragt: Sind Sie wirklich klar und verständlich?
Lieber Leser, ich sehe Sie vor meinem inneren Auge nicken. Klar und verständlich – Haken dran. Aber ich muss Ihnen widersprechen. Ich befürchte, dass Sie in den allermeisten Fällen zu lang reden, zu kompliziert und zu schwammig kommunizieren. Getreu der Devise, viel hilft viel. Aber sind Sie sicher, dass Sie auch verstanden werden?
Als Jungredakteurin hatte ich einen Chefredakteur, der meine Kollegen und mich immer fragte, ob die Kassiererin beim Nanz unsere Artikel verstehen würde. Gut, das war politisch nicht wirklich korrekt, aber es waren auch noch die frühen 90er. Und es war ein guter Indikator für Verständlichkeit.
Zugegeben, die meisten Themen, mit denen wir uns beschäftigen, sind recht komplex. Verkürzen heißt, Komplexität zu reduzieren. Das ist nicht einfach und je tiefer man in einem Thema steckt, desto schwieriger wird es. Schließlich sind alle Details wichtig, weglassen geht nicht. Und schließlich gibt es ja auch noch das neue Mantra der Transparenz und Authentizität. Da kann man doch nicht einfach alles kurz und knackig machen.
Nein, kann und muss man nicht. Aber 137 Seiten Powerpoint zu Flankierung eines 90 Minuten Vortrags haben wirklich gar nichts mit Transparenz zu tun. Und authentisch sind Sie damit (hoffentlich) auch nicht.
Um mal einen Zeitrahmen abzustecken: Die Aufmerksamkeitsspanne von Erwachsenen liegt bei maximal 20 Minuten. Die TED-Talks zum Beispiel geben 18 Minuten als Länge vor. Allerdings gehen Wissenschaftler inzwischen davon aus, dass spätestens nach zehn Minuten die Aufmerksamkeit der Zuhörer rapide sinkt.
Sieben Minuten? Reicht.
John Brandon von Inc.com hat eine viel beachtete Sieben-Minuten-Regel entwickelt, ausgehend von der Annahme, dass alles, was man im Business-Kontext zu sagen hat, in dieses Zeitfenster passen sollte. Auch Präsentationen. Wie das gehen soll, beschreibt Brandon in seinem Blog sehr anschaulich.
Folgen Sie seinen Regeln, haben Sie exakt eine Minute, um Ihre Idee, Anliegen oder Kernbotschaft loszuwerden. Und dann noch mal vier Minuten, um das Thema zu vertiefen.
Wie sieht es bei Ihnen aus? Können Sie in diesem Zeitfenster kurz und prägnant (und am liebsten ohne allzu viele Fachbegriffe und eigenwillige Wortkonstruktionen) zum Beispiel Ihren Mitarbeitern die Kernpunkte Ihrer neuen Strategie erläutern? Ganz schön knackig, oder?
Egal, ob wir nun über sieben, zehn oder 18 Minuten reden – die Botschaft ist klar: Sie haben nur ein relativ kleines Zeitfenster, in dem Sie die volle Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörer haben. Und je präziser und verständlicher Ihre Sprache ist, desto besser ist Ihre Chance, dass Sie Ihre Zuhörer erreichen.
Gesagt ist nicht gehört.
Allerdings muss Ihnen klar sein, dass selbst Ihre super klare und verständliche Kernbotschaft nur die Grundlage Ihrer Kommunikation ist. Zu glauben, dass mit nur einer guten Kommunikationsmaßnahme alles geregelt wäre, ist ein Irrtum. Je komplexer Ihr Thema ist und je wichtiger es für Ihre Mitarbeiter oder anderen Zuhörer ist, desto mehr müssen Sie kommunizieren. Eigentlich können Sie gar nicht zu viel kommunizieren – vorausgesetzt, Sie haben einen gut strukturierten und getakteten Plan.
Warum ist das so? Ihre Botschaften brauchen einfach Zeit, um zu wirken.
Konrad Lorenz formulierte es so: Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht einverstanden, einverstanden ist nicht behalten, behalten ist nicht angewandt, angewandt ist noch lange nicht beibehalten.
Wenn Sie dies beherzigen, bleibt Kommunikation eine Daueraufgabe.
Kommunikation ist keine Einbahnstraße.
Einen Punkt sollten Sie dabei nicht vergessen: Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Um wirklich sicher zu sein, dass Sie richtig verstanden werden, müssen Sie in den Dialog gehen – und dabei auch richtig zuhören. Denn erst, wenn Sie Ihre Zuhörer verstehen, können Sie sie wirklich erreichen.