Lenas Weg aus dem Stress 


Bei unserem ersten Termin erzählte mir Lena, dass sie in ihrem Job so verunsichert sei, dass sie nicht mehr schlafen könne und morgens regelrecht panisch wird.

Sie hatte gerade eine neue Rolle in einem großen Unternehmen übernommen, die ihr die erste größere Führungsverantwortung brachte. Sie hatte jetzt ungefähr 20 Mitarbeitende, mit denen sie sich gut verstand. 

Und eigentlich war es ihr Traumjob, wie sie mir versicherte.

Lena heißt nicht Lena. Mir ist es wichtig, dass meine Klientinnen darauf vertrauen können, dass alles, was wir besprechen, unter uns bleibt. Lena kennt die Case Study und ist mit der Veröffentlichung einverstanden.

Nur mit ihrem Chef lief es nicht so gut. Er war die meiste Zeit für sie nicht ansprechbar und Lena fehlten immer wieder wichtige Informationen, die sie nur über Umwege ihres Netzwerkes bekam. Sie war inzwischen davon überzeugt, dass er etwas gegen sie hatte.

Als ich Lena fragte, warum er sie dann für die Rolle ausgesucht hatte, hatte sie keine Antwort. Leise sagte sie nach langem Nachdenken: „Ich weiß es nicht.“ 

Ich merkte, dass Lena mehr brauchte, als die gestörte Kommunikation mit ihrem Chef zu verbessern. Denn rational war ihr klar, dass sie einen guten Job machte und es keinen Anlass für Angst und Panik gab.

Doch als wir gemeinsam über ihr Leben und ihre bisherige Karriere sprachen, entdeckten wir ein Muster.

Lena geriet immer wieder in Situationen, in denen sie (vermeintlich) abgelehnt wurde. Das passierte in ihren Beziehungen genauso wie im beruflichen Umfeld. Sie fühlte sich oft schlecht oder unfair behandelt. 

In der Folge hatte sie schon öfter die Firma gewechselt und im Privatleben Beziehungen abrupt beendet. 

Sie war immer auf der Suche nach Bestätigung von außen. 

Dieses Muster kommt häufig vor. 

Dahinter steht der unbewusste Glaubenssatz: Ich bin es nicht wert.

Als ich mit Lena darüber sprach, wurde ihr klar, dass es nicht die äußeren Gründe waren, weshalb sie sich privat und beruflich immer wieder zurückzog oder veränderte. Sie wollte vermeiden, dass anderen nicht auffällt, dass sie der Stelle, der Freundschaft und sogar der Liebe ihres Freundes nicht würdig ist.


Der Weg nach Vorne


Wir identifizierten viele Situationen, in denen Lena so reagierte. Dabei gab ich ihr ein einfaches, achtsames und sehr kraftvolles Tool zur Hand, mit dem sie die Emotionen, die mit ihrer Panik aufzufliegen verbunden waren, besser erkennen und kontrollieren konnte.

Die folgenden fünf Schritte funktionierten für Lena sehr gut.


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    Nimm Dir Zeit, wenn Du merkst, dass Du auf einen Reiz stark reagierst.
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    Identifiziere die Emotionen, die Dich stören. Verschaffe Dir Klarheit über Deine Emotionen. Nenne sie beim Namen. Wir neigen dazu, zu sagen, dass wir uns „schlecht“ fühlen oder „genervt“ sind. Doch welche Emotion verursachen das? Bist Du traurig? Beschämt? Frustriert? Klarheit hilft. Emotionen können komplex sein und treten oft nicht alleine auf.
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    Wo kannst Du Deine Emotionen spüren? Im Kopf? Im Hals? Im Magen? Irgendwo anders?
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    Wie zeigen sich die Emotionen? Hast Du ein Gefühl der Enge? Fühlst Du Dich unwohl? Oder war es etwas anderes, wie ein Flattern oder Kribbeln?
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    Akzeptiere Deine Emotionen und halte sie aus. Natürlich ist es nicht schön, wenn Du Dich schlecht fühlst. Aber das geht vorbei. Alle Gefühle, ob schön oder schmerzhaft, sind nur Empfindungen, die entstehen, eine Weile anhalten und verschwinden. Reflektiere Deine Emotionen. Was macht Dich traurig? Was ärgerlich? Worüber machst Du dir Sorgen?



Raus aus dem Stress

Je besser Lena lernte, wie sie ihren unbehaglichen Emotionen begegnen konnte, ohne darauf gleich zu reagieren, begann ihre Angst den Einfluss auf ihr Verhalten zu verlieren.

Nachdem sie sich mit ihrer Angst auseinandergesetzt hatte und verstanden hatte, dass die Ablehnung nur in ihrem Kopf war, konnte sie ihr Selbstbild ändern.

Sie entwickelte eine neue Story, die ihren Fähigkeiten entsprach und ihr mehr Möglichkeiten gab. 

Parallel dazu arbeiteten wir auf verschiedenen Ebenen, um den Stress in Lenas Leben zu verringern. Sie hatte schon früher Yoga gemacht und versuchte, regelmäßig zu meditieren. Aber Lena erzählte mir, dass sie dabei oft nervös wurde und nicht die gewünschte Ruhe und Gelassenheit bekam.

Yoga, Meditation und andere Methoden zur Entspannung sind fantastisch. Aber das reicht leider nicht aus. Wenn Du zum Beispiel im Job dauerhaft gestresst bist, hilft Dir Yoga nicht wirklich. Im Grunde klebst Du ein Pflaster auf eine Wunde, die eine ganz andere Behandlung braucht.

Zur Stress-Kompetenz gehört auch die Arbeit an den sogenannten Stressoren – also die Auslöser für den Stress – und die individuellen Stress-Verstärkern. In Lenas war der Stressor sehr klar in ihrem beruflichen Umfeld.   

Zeit für den Change

Lena war klar, dass sie mit ihrem Chef reden musste, um die Arbeitsumstände zu verbessern. Sie wollte nicht wieder weglaufen, denn sie mochte die Firma, ihr Team und die Möglichkeiten, die sie für sich sah.

Wir entwickelten gemeinsam einen Plan für Veränderungen in ihrem privaten und beruflichen Leben. Dazu gehörte eine Morgenroutine für Lena mit Elementen für Körper, Geist und Seele. 

Zur Vorbereitung für das Gespräch mit ihrem Chef arbeiteten wir an ihrer Kommunikation, damit sie ihre Standpunkte klar formulieren konnte, ohne ihm Vorwürfe zu machen. 

Deshalb übten wir, das Gespräch mit Ich-Botschaften zu führen. 

Das Gespräch lief sehr gut und brachte nicht nur Lena, sondern auch ihrem ganzen Team einen großen Schub nach vorne. 

Es stellte sich heraus, dass ihr Chef überhaupt nichts gegen Lena hatte, sondern ihre Arbeit sehr schätzte. Es tat ihm leid, dass er nicht genug mit ihr gesprochen hatte. 

Doch da sie durch ihr Netzwerk immer informiert war und ihm nie deutlich gesagt hatte, was sie von ihm brauchte, war ihm gar nicht bewusst, was ihr fehlte.

Sie vereinbarten einen zweiwöchentlichen Jour Fixe, der – wie ich von Lena hörte – fast immer eingehalten wird. 

Vor einiger Zeit schrieb mir Lena, dass ihr Chef sie für ein Programm für High Potentials nominiert hat.

Ein großer Erfolg für Lena.